„Wir können in hohem Maße entscheiden, ob wir der Gemeinschaft Energie zuführen oder sie dieser berauben wollen. Hingegen ist es sowohl möglich als auch wünschenswert, dass Familien und andere Gruppen der persönlichen Integrität und Verschiedenartigkeit des Individuums aufgeschlossener gegenübertreten. Wäre dies fester Bestandteil unserer Tradition, wäre ein niedriges Selbstwertgefühl heute nicht eine europäische Volkskrankheit, und wir hätten nicht diese peinlichen Schwierigkeiten damit, Menschen aus anderen Kulturkreisen in unsere Gemeinschaft zu integrieren.
Eine überkommende Wertvorstellung besagt, man müsse seine Individualität opfern, damit die Gruppe stark bleibt. Sozialpsychologische Gruppenforschung der letzten vierzig Jahre sowie die therapeutische Arbeit mit Paaren und Familien lehrt uns indes etwas anderes: Je stärker der Einzelne, desto stärker ist auch die Gruppe, der er angehört. (…) Wenn die Familie den Einzelnen stärkt, macht dieser auch die Familie stärker.“
(aus: Jesper Juul, Was Familien trägt – Werte in Erziehung und Partnerschaft. 2016)